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Herr Johannes Schmelz Verwaltungsgemeinschaft Gemünden a. Main


 


 

Luftbild-Hessdorf

(Foto: A. Spreng © 2009 Film-Photo-Ton Museum, 97737 Gemünden a. Main)

 

Heßdorf - Aus der Geschichte -

 

Heßdorf liegt in malerischer Umgebung im Bachgrund. Der Kirchturm überragt die Häuser, leuchtet und grüßt schon von weitem.

 

Urkundlich wird der Ort erstmals 1158 als "HESSIDORF" genannt, dürfte aber wie auch die Nachbarorte  wesentlich älter sein. Der Ortsname deutet auf eine Einzelgründung: DORF DES HESSI. Dieser soll der Stammvater eines aus Ostfalen stammenden Grafengeschlechtes im Saalegau gewesen sein. Nach dem Ausgang des Hessonischen Grafengeschlechtes im 10./11. Jahrhundert dürften die HENNEBERGER als würzburgische Lehensgrafen im Saalegau an deren Stelle getreten sein. Besonders dichter hennebergischer Besitz läßt sich im 12. Jahrhundert in und um Heßdorf im gesamten Bachgrund nachweisen. Später waren die Besitzverhältnisse sehr zersplittert. Neben den Klöstern Schönau und Schörain hatten hier mehrere kleinere und größere Adelsgeschlechter Besitzungen: u. a. die von Spiesheim, von Bernrode, von Karsbach, von Hohenberg (Homburg).

 

Prägend für Heßdorf waren die von THÜNGEN, die 1331 die Reußenburg und 1335 die Sodenburg erbauten. Bereits im 14. Jahrhundert besaßen sie Rechte und Güter in Heßdorf, schließlich je ein Rittergut in Höllrich und Heßdorf. Von diesen beiden Rittergütern und ihren Herren wurden die Geschicke der beiden Orte weitgehend beeinflußt.

 

Durch Kauf und Vererbung gelangten Reußenberg-Heßdorf später an die von Tann, Butlar, Wangenheim und Schenk von Schweinsberg. Erst ab 1741 war Heßdorf wieder ganz in den Händen der Thüngen. Reußenberg-Heßdorf blieben Fiedeikommiß (unveräußerlicher Besitz) der Gesamtfamilie bis 1919.

 

Heßdorf hatte ein eigenes Dorfgericht mit 6 Schöffen und und bildete mit Höllrich eine limitierte thüngische Cent. Urteil und Vollstreckung, sowie die hohe Gerichtsbarkeit waren allerdings der würzburgischen Cent in Karlstadt vorbehalten. Über 200 Jahre stritten die Heßdorfer wegen ihres Waldes mit den Thüngen. Geführt wurde der Prozess vor dem Reichskammergericht in Wetzlar. 1783 marschierten die Heßdorfer Bauern Langer und Neun nach Wien, um dort das höchste kaiserliche Gericht anzurufen. Für Aufsehen sorgte auch 1919 die "gewaltsame Erkundung" des Thüngenarchivs in Zeitlofs.

 

Kirchlich gehörte Heßdorf anfangs zur Urpfarrei Eußenheim-Aschfeld. Nach 1477 wechselte es als Filiale von Karsbach nach Höllrich. Die Thüngen führten um 1556 in beiden Orten die REFORMATION ein. Seither bilden Heßdorf und Höllrich eine kombinierte evangelische Pfarrei unter dem Patronat der Freiherren von Thüngen.

Die jetzige KIRCHE wurde 1741 gebaut und 1744 eingeweiht. Chor und Langhaus haben Profilrahmen und einfaches Bandwerk in Stuckarbeit. Die 1743 von dem Karlstadter Orgelbauer Jakob Theodor Berns gebaute Barockorgel ist in weiten Teilen noch original erhalten. Der prachtvolle 7-teilige Orgelprospekt wird von Akanthusschnitzereien umrahmt und in der Mitte von einem harfspielenden David gekrönt. Bemerkenswert sind auch die Grabsteine der Anna Katharina Wolffin von Karsbach (+ 1628) und der Frau Majorin Maria Juliana von Schenk zu Schweinsberg (+ 1754).

 

Bis zur gewaltsamen Auflösung in der Nazizeit gab es in Heßdorf eine größere JÜDISCHE GEMEINDE. Die Schutzjuden bildeten für die Thüngen eine wesentliche und regelmäßige Einnahmequelle. Christen hatten z. B. nur 2 Gulden Einstandsgeld zu bezahlen, Juden dagegen 10 Gulden, was zur Hälfte der Herrschaft und zur Hälfte der Judenschule zufloß. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lag Heßdorf mit einem teilweise bis 40%-igen jüdischen Bevölkerungsanteil an 3. Stelle in Unterfanken (1830: 198 Juden von 505 Einwohnern). Die Heßdorfer Juden waren Metzger und Viehhändler, handelten mit Ölen, Fetten, Getreide, Pelzen, Textilien und Backwaren. Weitbekannt waren die MAZZEN des Sali Stern. Bereits nach 1900 zog es viele Heßdorfer Juden in die Städte; der Naziterror zwang nach 1933 viele zur Auswanderung nach Holland, Israel und USA. 1942 mußten die letzten ihren Weg in die Vernichtungslager antreten. 1938 war die Synagoge in der Progromnacht zerstört worden, nach dem 2. Weltkrieg wurden die Reste schließlich ganz beseitigt. Erhalten blieb von der ehemals blühenden jüdischen Landgemeinde nur das 1827 errichtete JÜDISCHE SCHULHAUS.

 

Heßdorf konnte seinen dörflichen Charakter bis heute weitgehend erhalten. Die weithin sichtbare Dorfkirche, zwei fließende Brunnen, etliche alte Bauernhöfe prägen noch heute das Ortsbild. Etwas abseits und mehr unauffällig liegen der Friedhof (1822 von der Kirche an die heutige Stelle verlegt) und das Schulhaus (1822). Beim Neubau des Gemeindehauses in der Dorfmitte wurde die dort angebrachte Malerei vom Marsch nach Wien wieder angebracht. Seit 1978 gehört Heßdorf zur Gemeinde Karsbach.

 

Quelle: Werner Fella